Liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder,

Günter R. J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB

Günter R. J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB

im 4. Jahrhundert sprach ein Patriarch von Konstantinopel die weisen Worte. „Ein wenig Wermut teilt dem Honig schnell seine Bitterkeit mit, dagegen nicht einmal die doppelte Menge Honig dem Wermut etwas von seiner Süßigkeit.“ Als delegierter Teilnehmer unseres Schützenbundes am 54. Deutschen Schützentag in Göttingen empfinde ich, da ich künftig das Tagungsergebnis der nahezu 580 Delegierten über die Festlegung des Bundesbeitrages ab l. Januar 2006 mitzutragen habe, neben den angenehmen Eindrücken hinsichtlich der Veranstaltungen des umfangreichen Festprogramms und interessanten Begegnungen mit Teilnehmern der erlebnisreichen Tage in der niedersächsischen Universitätsstadt, leider auch deutlich den bitteren Geschmack des berühmten Wermutstropfens.
Dabei war die Frage der Erhöhung des Bundesbeitrages nicht primär eine Angelegenheit der mangelnden Einsicht in die Notwendigkeit der Zustimmung für zusätzliche finanzielle Mittel, um die notwendige Sanierung von wichtigen Bundesobjekten gewährleisten und das sportliche Leistungsniveau des Deutschen Schützenbundes auch in der Zukunft halten zu können -und somit des „Wollens“, sondern in dieser Sache eine Obliegenheit des „Könnens“. Besonders aus der Sicht und Verantwortung eines Schützenverbandes mit weniger als 25.000 Mitgliedern - im Deutschen Schützenbund sind das 9 Landesverbände, davon alle fünf neuen Schützenverbände - ist die Beitragserhöhung ein Problem der finanziellen Belastung und Zumutung bei eigener desolater Haushaltslage, denn auch diese „kleinen“ Verbände, wie der Sächsische Schützenbund, haben gegenüber ihren Mitgliedern eine Fürsorgepflicht und deren Sportschützen erwarten künftig ebenfalls keine Verschlechterungen im Leistungsangebot seitens ihres Landesverbandes.
Als mitgliederschwacher Verband muss uns in diesem Fall „das Hemd näher als der Rock“ sein. Der Sächsische Schützenbund jongliert bei Nutzung aller Sparmöglichkeiten bereits den finanziellen Spagat zwischen einerseits der Gewährleistung grundsätzlicher Pflichtaufgaben, wie u.a. Sportbetrieb, Brauchtumsangelegenheiten, Ausbildung, Geschäftsbetrieb und Versicherungen, und anderseits der Vermeidung einer „Verprellung“ seiner Mitglieder, die sich gar wohl über ihren Unmut oder ihr Bedenken betreffs Mitgliedschaft äußern würden.
Wir und andere Landesverbände dieser Kategorie versuchten deswegen zur Lösung des dringlichen Bundesanliegens als Alternative zur unpopulären Beitragserhöhung andere Finanzierungsmöglichkeiten zu erwägen. Wir wussten auch, dass bei der Abstimmung der Delegierten auf dem Deutschen Schützentag über die Erhöhung des Bundesbeitrages das Anliegen der neun mitgliederschwachen Landesverbände chancenlos bleibt, weil diese Verbände mit insgesamt etwa 142.000 Mitgliedern satzungsgemäß nur 9,39 % des Stimmenanteils ausmachen. Dagegen bringen die neun mitgliederstarken Schützenverbände mit im Ganzen etwa 1.307.500 Mitgliedern schwergewichtig 86,38 % des Stimmenanteils auf die Waage - wobei sogar nur drei von ihnen (Bayern, Niedersachsen und Nordwest; von insgesamt 20 Landesverbänden) bereits die absolute Mehrheit von 55,5 % aller Stimmen schaffen.
Wenn da der „schmächtige Michel“ etwa eine andere Auffassung vertreten will bzw. muss als der „beträchtliche Michel“, dann muss er entweder gewaltig überzeugende Argumente auf den Tisch legen können oder er mag sich die Haare raufen - ob es jemand gefällt oder nicht gefällt, satzungsmäßig bleibt die Prozedur im Rahmen der Demokratie; wie bereits Platon über Demokratie sprach: „... eine Sorte von Gleichheit gleicherweise unter Gleiche wie Ungleiche verteilend.“ Wer hat da eine bessere Lösung? Shakespeare ließ einen in der Not Verzweifelten rufen: ,Eine Idee! Eine Idee! Mein Königreich für eine Idee!“ - oder rief König Richard III. nur schlicht nach einem Pferd?
Also, wie zu erwarten, sind hinsichtlich der Beitragserhöhung in Göttingen die Würfel gefallen. Zwar erteilten die Delegierten in der ersten Abstimmung dem Antrag des Präsidium des DSB, der eine generelle Erhöhung des Bundesbeitrages um 50 Cent vorsah, mit großer Mehrheit eine Absage, dafür fand jedoch der Vorschlag des Hessischen Schützenverbandes in der zweiten Abstimmung in dieser Sache eine deutliche Zustimmung.
Damit gilt ab l. Januar 2006 eine auf vier Jahre befristete Erhöhung des Bundesbeitrages um 50 Cent. Die sich daraus ergebenen Mittel sollen als finanzielle Unterstützung ausschließlich nur für dringend erforderliche Investitionen von existenziell wichtigen Bundesobjekten verwandt werden.
Nun haben wir alle eine „bittere Pille“ zu schlucken: Wir, die diese zusätzlichen Mittel aufbringen müssen - auch wenn praxisferne Stubenmathematiker von nur einer sehr geringen Mehranforderung in Höhe von ca. 4,2 Cent im Monat pro Kopf resümieren -, und auch der Präsident des Deutschen Schützenbundes, Josef Ambacher, der sich wegen der Befristung der Erhöhung offensichtlich grämte. Wie ich ihn kenne, wird er auch in seiner neuen Amtszeit - er wurde von den Delegierten mit 84,6 % der Stimmen für die 4. Amtszeit von vier Jahren wiedergewählt - pflichtbewusst nicht locker lassen, um vehement weiter für zusätzliche finanzielle Mittel unter dem Motto „Kein Euro wird unnötig ausgegeben“ zu werben.

Erwähnenswert ist eine neue Sachlage, die im Rahmen der durch die Delegierten in Göttingen beschlossenen Änderung der Satzung des Deutschen Schützenbundes künftig gilt. Fortan ist der DSB gemäß dem Anti-Doping-Regelwerk der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA-CODE) zuständig. Infolgedessen haben die 20 Landesverbände dementsprechend ihre Verbandssatzungen ebenfalls zu ändern. In diesem Zusammenhang muss ich einen rechtlichen Sachverhalt mitteilen. Wie uns kürzlich das als Registergericht für den Sächsischen Schützenbund zuständige Amtsgericht Leipzig mitteilte, wurde unserem Verband die Rücknahme der notariellen Anmeldung der Satzungsneufassung in der Fassung des Beschlusses der Delegiertenversammlung in Gersdorf auferlegt. Diese Rücknahme ist inzwischen erfolgt. Unterdessen wurde der angemahnte Formfehler in den Organen des SSB ausgewertet - ehrlich gesagt, hier müssen wir leider in einen „sauren Apfel beißen“. Tatsache ist, dass die Satzung des Sächsischen Schützenbundes vom 21. April 2001 weiterhin gültig ist.

Abschließen möchte ich erfreulicher Weise mit besseren Botschaften und Bemerkungen: Der Gesamtvorstand des Deutschen Schützenbundes beschloss die Durchführung der Sitzungen des Präsidiums am 28. April sowie des Gesamtvorstandes am 29. April 2006, die in der Regel in Wiesbaden erfolgen und bisher nur im Sonderfall auch in Suhl und Magdeburg stattfanden, im Jahr des 800jährigen Stadtjubiläums Dresden in der sächsischen Landeshauptstadt vorzunehmen - Beratungen des Deutschen Schützenbundes fanden letztmalig anlässlich des 13. Bundesschießen im Jahre 1900 in Dresden statt.

Erfreulich sind die Zahl der Teilnehmer und erzielten Ergebnisse bei den bisher im Sportjahr durchgeführten Landesmeisterschaften. Daraus erwachsen uns auch Hoffnungen für gute Leistungen bei den kommenden Deutschen Meisterschaften im Sommer. Meinen besonderen Dank und Glückwunsch gilt unserer mehrfachen nationalen und internationalen Meisterin Anja Schumann, die bei den Europameisterschaften der Luftdruckwaffen in Tallinn gute Plätze in der Einzelwertung in den Disziplinen Laufende Scheibe erlangte und in Estlands Hauptstadt Europameisterin (Mannschaft, 10 Meter) und Vize- Europameisterin (Mannschaft, Mixed) wurde. Ich freue mich für ihre Leistungen.

Wir - als im Ehrenamt, als Sportschüize oder als begeistertes Vereinsmitglied - haben uns alle in den Dienst der großen Aufgabe gestellt, die unseren Mitgliedern Lebensfreude und Gemeinschaftssinn vermitteln soll und die uns deutsches Schützenbrauchtum, bewahrt. Es gilt die Pflege der Tradition mit der modernen Entwicklung des sportlichen Schießens in Einklang zu bringen. Die Mußestunden junger Menschen sollten wir mit ausfüllen helfen und einer nach Eigenverantwortung strebenden Jugend die Wege ebnen, um dadurch den Fortbestand unserer Schützenvereine zu sichern.
Der Sächsische Schützenbund wird auch weiterhin und trotz knapp werdender Kasse die Pflege des traditionsreichen Brauchtums und die Ausübung des Breiten- und des Leistungssports als Repräsentant eines modernen Sportverbandes aktiv fördern. In diesem Sinne rufe ich Ihnen ein wohlmeinendes „Gut Schuß" zu.

Ich grüße Sie herzlich mit Schützengruß

Günter R.J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB