Günter R.J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB

Günter R.J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB

Sächsische Schützenzeitung 03/04-2003

Liebe Schützenschwestern, liebe Schützenbrüder,

wir Schützen sind üblicherweise politisch neutral, so lautet es auch in der Satzung des Sächsischen Schützenbundes. Jedoch in Zeiten des weltweiten Ringens um eine Lösung in der Irak-Krise und über eine Entscheidung über Krieg oder Frieden in der persischen Golfregion, wobei im Falle des Krieges eine Eskalation mit unabsehbar schrecklichen Folgen für die Welt eintreten kann, werden schließlich auch existentielle Belange der Sportschützen berührt. Deswegen sollten meines Erachtens sich die Sportschützen zu diesem elementaren Problem auch ihre Meinung bilden sowie darüber äußern dürfen.
Diese miserable Lage in der Weltpolitik wird auch unser bisher friedvolles sportliche Wirken im Schützenwesen künftig erheblich beeinflussen. Liebe Schützenfreunde, diese sorgenvolle Problematik erscheint mir zu ernsthaft, um dazu die Gedanken, Auffassungen und meine Sicht der Dinge nur kurz appellierend darzulegen.
Schützen brauchen zur Durchführung ihres Sportes und zur Pflege ihres Brauchtums den Frieden. Besonders in Kriegszeiten wird bekanntermaßen bei vielen Mitbürgern die Abneigung gegenüber dem Schützenwesen wachsen. Die Bevölkerung wird bei einer Zunahme ihrer antimilitaristischen Haltung, wie sie die deutschen Schützen nach den Weltkriegen bereits so folgenreich und schmerzlich erfahren mussten, die Sportgeräte wieder mehr als gefährliche Waffen sehen und Träger der traditionellen Schützenkleidung als unliebsame Uniformierte betrachten.
Schon die drohende Kriegsgefahr führt zu Preiserhöhungen, da bereits in der Vorphase dieses amerikanisch-irakischen Krieges etliche Kriegsgewinnler beträchtlich verdienen wollen. Derartige Preistreibereien erhöhen die Kosten im Schießsport. Wohin man auch in Deutschland schaut, überall herrscht Krise: An der politischen Großwetterfront, im deutschen Staatshaushalt, an der Börse und auf dem Arbeitsmarkt sowieso. Ein heißer Irak-Krieg wird u.a. die wirtschaftliche Lage in Deutschland noch schlimmer gestalten - auch für unsere Sportschützen und Vereine ist das eine betrübliche Aussicht! Außerdem ereilen uns schlechte Botschaften seitens der US-Geschäftswelt. Der Streit zwischen Deutschland und den USA über das Vorgehen gegenüber dem Irak droht nun nicht nur politische, sondern auch handfeste wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zu ziehen. Einen Exporteinbruch in Richtung USA könnte die deutsche Wirtschaft nur schwer verkraften; eine derartige Entwicklung könnte in Deutschland zu einer Rezession rühren. Auch wir Schützen wären dann die Leidtragenden.
Die Weltmacht USA benutzt derzeit viele politische und materielle Druckmittel gegen „unwillige" Staaten der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, der transatlantischen Partner und des unmittelbaren Aufmarschraumes zum Irak. Die USA will diese Länderund den Rest der Welt in einer bisher beispiellosen Kriegskampagne überzeugen, dass die US-Doktrin über die Notwendigkeit zur Führung vorbeugender Angriffskriege das Nonplusultra gegen mutmaßliche Bedrohungen durch „Schurkenstaaten" ist.
Im Interesse dieser US-Kriegsplane werden neue Superlative einer gewaltigen Kriegsvorbereitung sichtbar. Ziele, mit denen die USA die Führung eines Krieges gegen den Irak begründen wollen, sollten jedoch im Einklang mit dem Völkerrecht sowie der Vernunft und dem Willen der Mehrheit der Völkergemeinschaft gewaltfrei erstritten werden. Es müssen gegen den Irak wirksame Methoden angewandt werden, die einen Krieg als beliebiges Mittel politischer Problemlösung ausschließen.
Dieser Weg entspräche eher den Hoffnungen der Menschheit für das neue Jahrtausend. Gelüste auf Gewalt und Rache, wie aus der Zeit der Bibel, Kreuzzugs- und Vorsehungsvisionen sowie materielle Begierden sollten als Motivationen zur Führung von Kriegen wegen der leidvollen Erfahrungen aus der Geschichte der Menschheit für immer verbannt bleiben. Dafür sollten sich die USA als Hüter der Demokratie einsetzen.
Die US-Regierung signalisiert Jedoch der übrigen Welt deutlich, dass die USA und andere Säbelrassler aus Europa den Diktator „Saddam Hussein so oder so" entwaffnen wollen, d.h. der Irak-Krieg wird mit oder ohne UN-Mandat unausbleiblich und sowieso gerührt werden. Die US-Hypermacht will offensichtlich nach steinzeitlichem Faustrecht und mit der Macht der Starke die Welt beherrschen. Welch' ein Dilemma für die Völkergemeinschaft im Ringen um einen Ausweg aus dieser Krise! Man sollte die Weisheit des „Vaters der Geschichte" beachten: »Wer ist wohl so unverständig, dass er den Krieg statt des Friedens wählte! Im Frieden werden die Väter von ihren Kindern begraben, im Krieg aber die Kinder von ihren Vätern" (Herodot, 490 - 425 v. Chr.).
Dieser entschlossenen und ungeduldigen Absicht der US-Administration eine Konfliktlösung mit Gewalt und die vollständige Abrüstung des Iraks durch einen Präventivkrieg herbeizuführen, kann nur eine massenhafte Willensbekundung von breiten Bevölkerungen vieler Staaten dieser Welt, die einen derartigen Krieg ablehnen, entgegenwirken. Es ist gut, dass in Deutschland und in der Welt Menschen für den Frieden eintreten und beten - wir Schützen sollten dazu gehören! Wir sollten uns bei all' dem weltweiten Für und Wider in dieser Gewissensfrage für den Erhalt des Friedens einsetzen. Auch wir denken, dass es in einer zivilisierten Welt andere Wege als Bomben geben muss, um einen Diktator zum Abrüsten zu zwingen.
Andererseits wäre es ein besonders perfider Fall in der Weltgeschichte, wenn zunächst die UN durch Embargo- und Abrüstungsmaßnahmen den Irak zur Ermattung und Wehrlosigkeit zwingt und danach die Völkergemeinschaft ohnmächtig zuschauen müsste, wenn die mächtige USA mit ihren Komplizen dieses Land mit modernster Waffentechnik überfallen sollten. Die irakische Bevölkerung würde massakriert werden, „ Gegen Tötschlag und Mord einzelner schreiten wir ein; aber wie steht 's mit den Kriegen und den verbrecherischen Ruhm, ganze Völker hingeschlachtet zu haben ? " (Seneca, um 4 v. Chr. • 65 n. Chr.). Es wird sich in nächster Zeit zeigen, ob letzthin der ehrenwerte Herr im Weißen Haus die Charta der UN mit Füßen treten und die Mahnungen der Menschenmassen der Welt sowie u.a. auch des Papstes ignorieren wird. Sicher ist, dass ein Angriffsbefehl für die bereits aufmarschierten Aggressionstruppen gegen eine fast ausgezerrte und wehrlose irakische Bevölkerung nicht nur eine folgenschwere Fehlentscheidung wäre; dieser rechtwidrige Gewaltakt würde viele Opfer kosten, vielen Menschen großes Leid, dem Völkerrecht und der sittlichen Weltordnung einen schweren Schaden zufügen. Die Perspektive für den Weltfrieden sieht schlecht aus. Es droht eine weltweit außer Kontrolle geratene Spirale der Gewalt. Die Lage ist jedoch nicht aussichtslos; die Hoffnung stirbt zuletzt!
Liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder, inzwischen hat die Frühlingssaison 2003 des Schützenlebens begonnen. Die Sportschützenkreise und Schützenvereine führen ihre geplanten Veranstaltungen im Sportbetrieb und Brauchtumswirken durch.
Schwerpunkte des Sächsischen Schützenbundes waren im Monat März die Teilnahme an der Fachmesse „Jagen Fischen Reiten" in Dresden, die Durchführung der diesjährigen Landesmeisterschaften in den Disziplinen Druckluftwaffen und die Ermittlung des Landesschützenkönigs 2003 beim Landeskönigsschießen in Belgern. Die Sächsische Schützenjugend führte in Leipzig den Jugendpokal 2003 des SSB durch. Da in diesem Jahr satzungsgemäß kein Landesschützentag des Sächsischen Schützenbundes stattfindet, wurden in der Beratung des Gesamtvorstandes des SSB, die Ende März in Belgern erfolgte, vom Gesamtvorstand die wichtigsten Zuständigkeiten der Delegiertenversammlung gemäß § 16 Absatz 3 der Satzung des SSB wahrgenommen.
Seit dem l. April 2003 wurde das neue Waffengesetz (WaffG) wirksam. Der weitere Erlass von Rechtsverordnungen und Vorschriften, wie im Warrengesetz u.a. in den §§6 (Persönliche Eignung), 7 (Sachkunde), 15 (Schießsportverbände, schießsportliche Vereine) und 36 (Aufbewahrung von Waffen oder Munition) angekündigt, konnte seitens des BMI aus nicht bekannten Gründen nicht rechtzeitig in Kraft treten. Durch eine Ermächtigung des BMI an die Länder soll geregelt werden, dass in einer bisher unbestimmten Übergangszeit der erforderliche Waffenerwerb zur Ausübung des Schießsports weiter möglich sein und sichergestellt wird. Infolgedessen haben die sächsischen Regierungspräsidien inzwischen mit den zuständigen Behörden entsprechende Abstimmungen vorgenommen und Regelungen getroffen.
Abschließend möchte ich auf das 8. Treffen der Sächsischen Schützenvereine, welches vom 6. bis 8. Juni 2003 in Belgern stattfinden und einen besonderen Höhepunkt dieses Jahres für die sächsischen Schützen darstellen wird, nochmals hinweisen. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine erfolgreiche Schützensaison, eine gute Zeit und uns ein Wiedersehen bei froher Gemeinsamkeit beim Schützentreffen in der Rolandstadt Belgern.

Ich grüße Sie herzlich mit Schützengruß

Günter R.J. Plügge, 1. Vizepräsident des SSB