SSB- Präsident Frank Kupfer

SSB- Präsident Frank Kupfer

Sächsische Schützenzeitung 07/08- 2002

Liebe Schützenschwestern, liebe Schützenbrüder,

das erste Mal nach meiner Wahl zum Präsidenten des Sächsischen Schützenbundes möchte ich mich in dieser Ausgabe der Sächsischen Schützenzeitung an Sie wenden. Normalerweise billigt man jedem neugewählten in seinem Amt eine Schonfrist von 100 Tagen. Diese sollen den Amtsträger Gelegenheit geben, sich in die Materie einzuarbeiten, sich einen Überblick zu verschaffen und Ziele für die zukünftige Verbandspolitik vorzudenken.
Meine 100 Tage waren am 22.Juli 2002 vorbei. Von Schonfrist konnte allerdings keine Rede sein. Wie Sie in den Sportschützenvereinen ja zum Teil selbst schmerzlich erfahren haben, waren wir einer breiten Öffentlichkeit ausgesetzt und zum Teil auch ungerechtfertigten Anfeindungen. Ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken, dass Sie diese Zeit mit uns gemeinsam durchgestanden haben. Dieser Zusammenhalt hat uns gestärkt für unsere künftigen Aufgaben und mir hat es den Einstieg in das für mich neue Amt erleichtert.
Vieles war neu für mich, auch wenn ich unseren schönen Sport schon einige Jahre ausübe, anderes habe ich selbst in den 100 Tagen noch nicht restlos durchschaut. Was für mich gänzlich vertraut war, ist die Diskussionen um die Novellierung des Waffengesetzes. Sie hat uns seit vielen Jahren beschäftigt. Unser Ehrenpräsident Prof. Bauer und ich waren diesbezüglich schon oft beim ehemaligen Sächsischen Innenminister um die Position der Sportschützen zu verdeutlichen.
Am 07.12.2001 hat die rot-grüne Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der von den Sportschützen in Deutschland nicht akzeptiert werden konnte. Das gemeinsame Agieren der einzelnen Landesschützenverbände, des Deutschen Schützenbundes, der Jägervertretungen und des Fo-rum Waffenrecht haben erreicht, das dem Deutschen Bundestag insgesamt über 120 Änderungsan-träge zur Vorlage der Regierung zugeleitet wurden. Mit diesen Änderungen war ein Waffengesetz auf den Weg gebracht, dass weittestgehende Verschärfungen der bisherigen Regelungen mit sich brachte. Diese wurden von den Schützenverbänden mitgetragen, weil sie angebracht waren, um die Sicherheit der Schützen und der Bevölkerung zu erhöhen.
Der 26.April 2002 hat die Welt wieder ein Stück verändert. Fast Zeitgleich mit der Behandlung und Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag hat sich die Tragödie von Erfurt ereignet. Das Unfassbare, was dort geschehen ist, hat uns alle erschüttert. Die Trauer und das Mitgefühl waren so groß, dass der Gesamtvorstand des Deutschen Schützenbundes auf unseren Antrag den 51. Deutschen Schützentag in Suhl vorfristig, ohne Bundeskönigsschießen und die üblichen Feierlichkeiten, abgebrochen hat. Viele Sportschützen aus Sachsen bekundeten ihr Beileid und Äußerten ihre Bestürzung über so eine unvorstellbar schreckliche Tat.
Leider war der Täter Mitglied in einem Sportschützenverein und leider haben einige Politiker deshalb im Nachhinein überreagiert. Es kam zur  Fortsetzung des alten Fehlers, derartig schreckliche Ereignisse über schnelle gesetzliche Regelungen verhindern zu wollen. Die wirklichen Ursachen liegen doch ganz wo anders.
Die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können bewegte die Menschen. Wie will man einen Vorsatz verhindern? Mit dem schärfsten Gesetz geht das nicht. Ich bin dennoch der festen Überzeugung, dass die Tat von Erfurt mit dem am 26.04.2002 novellierten Waffengesetz hätte verhindert werden können, wenn dies eher in Kraft getreten wäre. Schon allein die Tatsache, dass nicht mehr nur ein halbes Jahr notwendig ist, um nach der Sachkunde die WBK zu bekommen, sondern ein ganzes Jahr, hätte dafür ausgereicht.
Leider hatte dieses Gesetz keine Chance, sich in der Praxis zu bewähren. Der Bundesrat als zustimmungspflichtiges Organ in der Gesetzgebung hat dem Gesetz nicht zugestimmt. Die Regierungschefs der Länder einigten sich darauf, den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat anzurufen und das vorliegende Gesetz weiter zu verschärfen.
In diese Diskussion haben wir uns erneut sehr stark eingemischt. Leider nur mit mäßigem Erfolg. Der Bundesinnenminister Otto Schily hat am 14. Juni 2002 zwar begründet, dass die vom Bundestag auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses verabschiedeten Regelungen differenziert erfolgt sind, „dass Jägern und Sportschützen nicht unnötige oder gar schikanöse Erschwernisse auferlegt werden“, doch das sehen wir in vielen Punkten anders.
Die differenzierte Anhebung der Altersgrenze von 18 auf 21 Jahre wird nach großer Diskussion mitgetragen. Meine und die Forderung des SSB war, dass die Anhebung differenziert nach Waffen erfolgen muss, um unsere Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich bei den olympischen Disziplinen nicht zu untergraben. Deshalb bleiben Kleinkaliberwaffen und Einzellader-Wurfscheibenflinten von dieser Altersanhebung ausgeschlossen.
Nicht nachvollziehen können wir die grundsätzliche Einführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung für Erwachsene bis 25 Jahren die eine WBK beantragen. Sie stellt eine ganze Generation von jungen Menschen unter Generalverdacht.
Die Rückgängigmachung der Herabsenkung der Altersgrenze von 12 auf 10 Jahre findet ebenfalls kein Verständnis, da sie mit „Erfurt“ nicht im geringsten zu tun hat. Außerdem wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Sportschützen nicht nur in diesem Altersbereich einschränkt. Die Möglichkeit der Gestattung von Ausnahmen erhöht nur wieder die Bürokratie.
Einen einmaligen Eingriff in die Autonomie des Sportes ist die neue Regelung, wonach Schießsportordnungen durch das Bundesverwaltungsamt genehmigt werden müssen. Zur Genehmigung ist beabsichtigt, einen Fachbeirat heranzuziehen. Das verdeutlicht schon, dass die Verwaltungsangestellten von der Materie wenig Ahnung haben. Warum überlässt man die Verantwortung für die Schießsportordnungen nicht wie bisher den Experten aus den Fachverbänden wie dem Deutschen Schützenbund?
Die Regelung, dass anerkannte Schießsportverbände ihre Vereine regelmäßig daraufhin zu prüfen haben, dass sie ihre rechtlichen Verpflichtungen nach dem Waffengesetz einhalten, ist erstens nicht nachvollziehbar und zweitens auch gar nicht machbar. In meiner Stellungnahme zu diesem Punkt habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Arbeit für den Sport ehrenamtlich erfolgt, tätig als Trainer und Übungsleiter und ohne Entgelt. Seit Jahren kämpfen die Vereine um eine Entbürokratisierung ihrer Vereinstätigkeit. Hier wird in erheblichem Maße Bürokratie neu aufgebaut. Der Deutsche Schützenbund hat auch rechtliche Bedenken gegen eine solche Verfahrensweise, denn den Verbänden ist keine gesetzlich gesicherte Befugnis zur Kontrolle gegeben. Sie sind sicherlich mit mir einer Meinung, dass es auch nicht Aufgabe der Schießsportverbände sein kann, Überwachungsfunktionen für den Staat zu übernehmen.
Des Verbot von Vorderschaftrepetierwaffen wurde dahingehend relativiert, dass ausschließlich Pumpgun mit Pistolengriff, ohne Hinterschaft verboten werden. Für manche Schützen ist es ein besonderes Erlebnis, mit Vorderschaftrepetierwaffen zu schießen. Es gibt hier nur zwei Alternativen, entweder, man verbietet die Waffen gänzlich. Das ist nicht geschehen und ist auch schwer praktizierbar, da sich schon etliche dieser Waffen legal im Besitz von Schützen befinden. Die zweite Alternative ist die, das Schießen mit dieser Waffenart in schießsportlich geordnete Bahnen zu bringen so wie im SSB schon geschehen. Ich kann hier die Äußerungen unseres Präsidenten Josef Ambacher nicht verstehen, der das Schießen mit Vorderschaftrepetierwaffen in den Vereinen des DSB verbieten wollte.
Keine Bedenken haben wir gegen die Regelung, dass künftig beim Erwerb einer Waffe auch eine Meldepflicht für den Waffenhändler besteht. Das bringt ein Stück mehr Sicherheit.
Ausdrücklich begrüße ich die Regelung, dass bei der Prüfung auf Erteilung einer WBK künftig eine Auskunft aus dem Erziehungsregister erfolgt. Bisher war nur die Beibringung eines Führungszeugnisses erforderlich. Dieses greift erst ab dem 18. Lebensjahr. Im Erziehungsregister sind Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel aufgeschrieben, die ein Jugend- oder Familienrichter ausgesprochen hat. Es kann ja auch nicht sein, dass ein Jugendlicher bis zum 18. Geburtstag eine Straftat nach der anderen begeht, sich dann ein Jahr gut führt, im Führungszeugnis deshalb kein Eintrag vorhanden ist und er eine WBK erhält. Diese Regelung, hatte ich angenommen, war schon immer Praxis.
Nicht weiter verfolgt wurden so unsinnige Vorhaben, wie die zentrale Aufbewahrung von Munition in den Schützenvereinen, die Begrenzung der Anzahl von Munition oder die Einführung einer Meldepflicht für inaktive Sportschützen durch den Vereinspräsidenten. Hier haben unsere Interventionen Erfolg gehabt. Jetzt gilt es weiter wachsam zu sein, damit nicht über die Durchführungsbestimmungen zum Gesetz aus der Verwaltung weitere unakzeptable Verfahrensweisen festgeschrieben werden. Über die laufende Entwicklung werden wir Sie auf unseren Seiten im Internet informieren. Dank unseres Geschäftsführers, Ralph Martin, sind wir sehr aktuell über alle Ereignisse informiert. Die jetzt schon über 80.000 Zugriffe beweisen dies eindrucksvoll.
Während der Zeit der Diskussion um die Tat in Erfurt standen wir als Sportschützen in einer größeren Aufmerksamkeit als sonst. Die Zeitungs- und Fernsehberichte waren unterschiedlich, aber- bis auf sehr wenige Ausnahmen- fair und sachlich. Besonders der mdr- Sachsenspiegel hat sachlich recherchiert berichtet. Anders der Privatsender RTL, der nur auf reißerische Darstellung aus war und damit dem Schießsport keinen guten Dienst erwiesen hat. Ich habe diese Sensibilität der Medien als eine Chance verstanden und Sie in den Vereinen gebeten, dies wahrzunehmen. Wir hatten die Möglichkeit, unseren Sport einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen. Viele Menschen wissen sehr wenig über uns und die hohen Anforderungen an den Schießsport. Dieser Unwissenheit konnten wir etwas begegnen.
Öffentlichkeitsarbeit ist sehr wichtig. Wir legen im Präsidium darauf einen Schwerpunkt unserer Arbeit. Mit unserem Pressereferenten, Paul Arnold haben wir die Idee neu geboren, zum sachsenweiten Ausscheid zur Ermittlung der Journalistenschützenkönigin und des Journalistenschützenkönigs aufzurufen. Über die genauen Disziplinen werden wir uns noch verständigen. Ich stelle mir vor, dass die Journalistenwettbewerbe über die SSK mit Qualifizierung für den Landeswettbewerb stattfinden. Wir müssen zuerst die Journalisten von uns überzeugen und für uns gewinnen, dann findet der Schießsport auch mehr Platz auf den Sportseiten der Zeitungen.
Und verstecken brauchen wir uns wirklich nicht. Die Erfolge unserer Sportler sprechen für sich. Unsere Landesmeisterschaften hatten eine hohe Beteiligung und eine Menge Erfolge aufzuweisen. Die Anzahl der Landes- und Finalrekorde sowie der Rekordeinstellungen lagen in diesem Jahr bei insgesamt 27, davon waren allein 20 neue Landesrekorde zu verzeichnen gewesen. Besonderes Lob verdienen dabei René Hoche und Mario Stephan, die je 6x Gold in der Einzelwertung erkämpften und die Leipziger Schützengesellschaft sowie die PSG zu Löbau, die je 6x Gold errungen haben.  Die Limiterfüllung für die Deutsche Meisterschaft lag so hoch, dass wir mit der bisher höchsten Starterzahl zu den Deutschen Meisterschaften nach München fahren werden.
Auch im internationalen Vergleich waren unsere Sportschützen so erfolgreich wie nie zu vor in der jüngsten Geschichte des Sächsischen Schützenbundes. Insgesamt 6 internationale Medaillen brachten Anja Schumann und Axel Wegner mit nach Hause. Anja konnte 4 Medaillen in der Mannschaft holen und hatte darüber hinaus gute Einzelplatzierungen errungen. Axel stand einmal mit der Mannschaft und einmal als Einzelschütze auf dem Siegerpodest.
Diese Leistungen waren und sind nur möglich durch die fleißige Arbeit der Trainer und Übungsleiter und durch das Engagement der Schützen selbst. Dafür möchte ich im Namen der Mitglieder des Präsidiums allen Aktiven unsere Anerkennung aussprechen. Wir haben ein großes Potential an guten Schützen. Dieses müssen wir weiter ausbauen. Dafür ist die Jugendbetreuung besonders wichtig. Es ist nicht immer einfach, Jugendliche für unseren Sport zu begeistern, aber es ist möglich. Das ist eine große Aufgabe für unsere Schützenvereine, denn mit der Gewinnung allein ist es nicht getan. Die Kinder und Jugendlichen wollen betreut und trainiert werden. Das kostet ehrenamtliches Engagement an Stellen, wo die Kräfte schon ausgereizt sind. Dennoch ist es wichtig für unsere Zukunft, hier Zeit zu investieren.
Der Sächsische Schützenbund hat sich die Aufgabe gestellt, seine Mitgliederzahlen weiter zu erhöhen. Hier sind ebenfalls die Schützenvereine gefordert. Je mehr Schultern da sind um die Last zu tragen, um so leichter wird es für den Einzelnen. 14.166 Mitglieder in Sachsen klingen viel, sind aber im Vergleich zu anderen Bundesländern eher wenig. Das es woanders mehr sind, zeigt, dass es Reserven gibt, Menschen, die Interesse am Schießsport und an der Traditionspflege haben. Wege sind die Gründung neuer Vereine und die Aufnahme von schon bestehenden Vereinen in den SSB. Als den Interessenvertreter des sportlichen Schießens müssen wir ein ureigenes Interesse daran ha-ben. Mehr Mitglieder bedeutet mehr Einfluss auf die Entscheidungsträger in der Politik, mehr Einfluss innerhalb der Interessenvertreter des Sports, z.B. im LSBS, und natürlich auch mehr Einfluss innerhalb des Deutschen Schützenbundes.
Ich habe in den vergangenen Wochen und Monaten viel neues gelernt. Dieses Wissen möchte ich anwenden, um das Sächsische Schützenwesen weiter voran zu bringen. Auf dem Landesschützentag in Bad Muskau habe ich versprochen, noch in diesem Jahr alle Sportschützenkreise zu besuchen. Diesen Kontakt zu Ihnen brauche ich, damit ich Ihre Interessen vertreten kann. Vor uns liegen wichtige Aufgaben, die wir nur gemeinsam lösen können. Einige wenige habe ich angesprochen.
Daneben wollen wir aktiv dazu beitragen dass die Olympischen Spiele 2012 nach Sachsen kommen. Wir sehen darin eine einmalige Chance zur Förderung des Sportes und zur Verwurzelung des Sportgedankens in der Bevölkerung.
Zur Erfüllung unserer Aufgaben hat sich das Präsidium des Sächsischen Schützenbundes einen neuen Geschäftsverteilungsplan gegeben. Darin sind klare Verantwortlichkeiten neu festgeschrieben, die eine Gewähr dafür bieten, dass unsere gemeinsamen Ziele umgesetzt werden können.
Abschließend möchte ich mich bei allen bedanken, die mich mit Rat und Tat in der Einarbeitungs-zeit begleitet haben.  Besonders bedanke ich mich beim ehemaligen Präsidenten, unserem Ehrenmitglied und Ehrenvorsitzenden, Prof. Dr. Erich Bauer, der weiterhin stets mit großem Einsatz bei der Sache ist.

Mit freundlichen Schützengrüßen
Ihr Frank Kupfer