DEUTSCHER SCHÜTZENBUND e.V.

Stellungnahme
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts
(WaffRNeuRegG)
in der Fassung der Gegenäußerung der Bundesregierung vom 5.12.2001
(BT-Drs. 14/7758)

Die Stellungnahme des DSB geht von der Tatsache aus, dass Sportschützen und sonstige Besitzer legaler Waffen im allgemeinen zu einem rechtstreuen Personenkreis gehören, und von ihnen keine Gefahr für die innere Sicherheit ausgeht. Dies zeigt sich vor allem darin, dass der Missbrauch von Waffen in diesem Bereich völlig unbedeutend ist. Deshalb treffen besonders restriktive Regelungen den falschen Personenkreis, während der zu bekämpfende illegale Waffenbesitz nicht getroffen wird. Primäres Ziel eines Waffengesetzes muss es daher sein, ein Vorgehen gegen den illegalen Waffenbesitz zu erleichtern. Dieses Ziel wird jedoch verfehlt; vielmehr bleiben die berechtigten Belange der Sportschützen als legale Waffenbesitzer weitgehend unberücksichtigt.

Mit dem Entwurf sollen nicht nur Transparenz, Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der komplizierten Rechtsmaterie erhöht werden, sondern auch der missbräuchliche Umgang mit Waffen soll stärker eingeschränkt werden. Hierfür werden zum Schutz der Bürger und Bür-gerinnen (vor den 2,5 Millionen Schützen und Jägern?) indes weitaus schärfere Bedingungen für den Umgang mit Waffen als bisher vorgesehen, die für den Schießsport zu Gefährdung seiner Existenz führen können.

Ob das Ziel, ein verständlicheres und übersichtlicheres Waffenrecht in Deutschland zu schaffen, wirklich erreicht wird, scheint im Hinblick auf die Verflechtung der eigentlichen Gesetzesvorschriften mit den beigefügten zwei Anlagen, in denen waffenrechtliche und waffentechnische Definitionen und Regelungen enthalten sind, zweifelhaft. Erst durch die komplizierten Regelungen in diesen Anlagen erschließt sich überhaupt der eigentliche waffenrechtliche Inhalt des Gesetzes.

Der Entwurf enthält eine Vielzahl neuer Regelungen, die den legalen Waffenbesitzer erheblich beschränken, aber für die innere Sicherheit, also den Schutz vor den illegalen Waffen-besitzern, den Kriminellen, letztlich nichts bewirken. Es wird eine Regelungs- und Kontrolldichte aufgebaut, die im Hinblick auf die Forderungen nach einem schlanken Staat und nach Entbürokratisierung nicht mehr nachzuvollziehen ist. Sowohl für den Bürger und die Verbände wie auch für die Verwaltung führt die Neuregelung zu einer Verstärkung des bürokratischen Aufwands, der durch Gründe der inneren Sicherheit nicht gerechtfertigt ist, da es sich bei den etwa 2 Millionen Sportschützen und fast 400.000 Jägern um einen – wie alle Politiker immer wieder zu Recht betonen – verantwortungsbewussten und rechtstreuen Personenkreis handelt, der seit jeher einer intensiven staatlichen Kontrolle unterliegt. Der Vollzugsaufwand, im Entwurf verniedlichend dargestellt als geringe Ausweitung behördlicher Tätigkeiten bei den Ländern, wird nicht nur für die Behörden zu ganz erheblichen zusätzlichen Belastungen führen; er wird vor allem auf die betroffenen Sportverbände abgewälzt, die im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit erhebliche Belastungen zu erwarten haben. Bereits die Regelungen des Entwurfs, vor allem aber die hierzu gefassten Beschlüsse des Bundesrates und die sodann ergangene Stellungnahme der Bundesregierung lassen ein – nachgerade abgrundtiefes – Misstrauen gegenüber dem legalen Waffenbesitzer erkennen.

Der DSB hat in den vergangenen Jahren zusammen mit anderen betroffenen Verbänden in vielen Beratungen und Diskussionen seine Überlegungen und Forderungen in die waffenrechtliche Diskussion eingebracht und hierbei deutlich gemacht, dass Verschärfungen der waffenrechtlichen Regelungen nur insoweit erforderlich sind und hingenommen werden können, als dies aus Gründen der inneren Sicherheit erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere Regelungen, die verhindern sollen, dass sog. Scheinschützen einem Verein beitreten bzw. Vereine gründen, allein um sich Waffen zu beschaffen. Der DSB hat sich daher im öffentlichen Interesse der inneren Sicherheit mit den im Entwurf enthaltenen wesentlichen Verschärfungen

- Mindestmitgliedschaft von 12 Monaten im Verein (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1)
- Ausstellung der Bescheinigung durch den Schießsportverband anstelle des Vereins (§ 14 Abs. 1 Satz 2)
- Anerkennung als Schießsportverband (§ 15)
- Meldepflicht des Vereins bei Austritt von Mitgliedern (§ 15 Abs. 5)
- Regelung der Aufbewahrung (§ 36)


– teilweise unter Zurückstellung großer Bedenken – einverstanden erklärt, obwohl hierbei auf den DSB, seine Mitgliedsverbände, die vielen Vereine und die Sportschützen selbst erhebliche Mehrbelastungen in finanzieller Hinsicht zukommen. Insbesondere die rechtlich nicht unproblematische Regelung des § 15 mit der Anerkennung als Schießsportverband ist im Hinblick auf allgemein anerkannte Autonomie des Sports einzigartig in der Bundesrepublik.

Angesichts dieser teilweise gravierenden Erschwernisse und Verschärfungen gegenüber der bisherigen Rechtslage konnte der DSB auf der anderen Seite erwarten, dass keine Regelungen eingeführt werden, die zu einer Erdrosselung des Schießsports führen können. Im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis der Anforderungen der inneren Sicherheit und der Durchführung des Schießsports in dem viertgrößten Sportverband der Bundesrepublik mit über 1,6 Millionen Mitgliedern kann der Entwurf in der vorliegenden Form vom DSB so nicht mitgetragen werden; er ist insbesondere in dieser Form in den vielen Gesprächen nicht mit dem DSB abgestimmt. Bedenken bestehen bei folgenden, allerdings wesentlichen Punkten des Reformvorhabens:

1. zu § 5: Zuverlässigkeit
Der DSB hält das Erfordernis der Zuverlässigkeit für eine entscheidende Voraussetzung, so dass grundsätzliche Einwände gegen die Neuregelung des § 5 nicht erhoben werden. Allerdings ist regelmäßig unzuverlässig, wer wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat verurteilt worden ist. Zu den gemeingefährlichen Straftaten zählen u.a. Brandstiftung, Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie oder einer Überschwemmung, räuberischer Angriff auf einen Kraftfahrer. Allerdings fallen hierunter auch die Tatbestände des § 315c und 316 StGB, die die Trunkenheit im Verkehr betreffen. Insoweit muss die Frage gestellt werden, ob nicht die Regelannahme der Unzuverlässigkeit bereits bei der ersten Trunkenheitsfahrt mit (jetzt) 0,5 Promille, die zu einer Verurteilung von 60 Tagessätzen führt, doch etwas überzogen ist. Dies gilt umsomehr im Hinblick darauf, dass der Bundesrat gefordert hat, für die Regelunzuverlässigkeit bereits von einem Tagessatz von 30 auszugehen, was bereits bei Bagatelldelikten erreicht wird. Dem hat allerdings die Bundesregierung – zu Recht - widersprochen.

 2. zu § 14 Abs. 2: Regelbedürfnis
Für die nach wie zentrale Voraussetzung des Bedürfnisses sieht der Entwurf nach seiner Begründung Regelungsbedarf insbesondere bei den Sportschützen, um der Gefahr des permanenten Anwachsens der Zahl an Schusswaffen in privater Hand entgegenzuwirken (!). So wird den Sportschützen in § 14 Abs. 2 ein Kontingent "zugestanden", das insgesamt aus 3 Repetier-Langwaffen oder halbautomatischen Langwaffen sowie 2 Kurzwaffen besteht. Über dieses Kontingent hinausgehende Schusswaffen können nach Satz 2 bei Ausübung weiterer Disziplinen oder des Leistungssports erworben werden. Hierzu wird in der Begründung allerdings bereits darauf hingewiesen, dass insoweit besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Die Begründung legt hierfür "eine intensive wettkampfbezogene Sportausübung über den Vereinsrahmen hinaus" fest und fordert "besondere Leistungen oder das ernsthafte Ansinnen, weitere Disziplinen schießen zu wollen". Sportschießen besteht jedoch  – wie jede andere Sportart auch – nicht nur aus Leistungssport; der DSB ist stolz darauf, gerade im Bereich des Breitensports eine Vielzahl junger wie älterer Menschen anzusprechen, die den Schießsport betreiben, weil ihnen der Sport Spaß macht und weil es nicht um die optimale Spitzenleistung geht. Gerade auch um den Breitensport zu fördern war es ein besonderes Anliegen des DSB – und er sah sich hier aufgrund der vielen Gespräche in seiner Auffassung bestätigt - in einem sachgerechten Rahmen Erleichterungen beim Erwerb weiterer benötigter Schusswaffen zu erhalten.

Das vorgesehene Kontingent reicht daher unter keinen Umständen aus, was bereits in letzten Bundestag durch den Sportausschuss festgestellt worden ist. Vor allem die Einbeziehung der Repetier-Langwaffen in das Kontingent ist durch nichts geboten, insbesondere liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass diese Waffen missbräuchlich verwendet werden. Für die als besonders problematisch angesehenen sog. Pump Guns kann ohne weiteres in der Anlage eine Sonderregelung getroffen werden. Der DSB fordert daher, um eine Ausübung des Schießsports in den Langwaffendisziplinen, vor allem im Sommerbiathlon, zu gewährleisten, dass die Repetier-Langwaffen ohne zahlenmäßige Begrenzung auf die Gelbe WBK erworben werden können. Im übrigen wäre das vorgesehene Kontingent hinnehmbar, wenn die vorgesehene Regelung in Abs. 2 im Sinne einer vernünftigen und nicht einer besonders strengen Erwerbsregelung verstanden würde.

Kein Verständnis hat der DSB für die vom Bundesrat vorgeschlagene und von der Bundesregierung akzeptierte Ergänzung des § 14 Abs. 2 durch einen Satz 2. Hierdurch wird eine ständige Kontrolle der schießsportlichen Aktivitäten bis zum Tode gefordert. Dies widerspricht bereits den vorhergehenden Regelungen in § 4 des Entwurfs. Konkret bedeutet dies: Wer z.B. seine 3. Waffe erwerben will, was ohnehin nur unter besonders strengen Voraussetzungen möglich sein wird, muss also belegen, dass er seine beiden bisherigen Waffen weiterhin zur Sportausübung benötigt – d.h. mit diesen regelmäßig – nach der Begründung also "wenigstens achtzehnmal im Jahr oder einmal im Monat intensiv und mit einer gewissen Dauer" – Schießsport betreibt. Damit wird ein Aussetzen mit einer Disziplin, um sich voll einer anderen zu widmen, unmöglich gemacht, denn es droht der Zwang die – vorübergehend – nicht mehr benötigte Waffe abzugeben. Ein solches Verfahren führt zu einer Einschränkung der schießsportlichen Aktivitäten, die im Interesse einer sachgerechten Ausübung des Schießsports nicht mehr hinnehmbar ist. Es gibt hierfür keinerlei Rechtfertigung aus Gründen der inneren Sicherheit, denn die Waffen werden sicher aufbewahrt, auch wenn vorübergehend mit ihnen nicht geschossen wird. Diese Regelung führt letztlich zur Vernichtung hochwertigen Materials ohne auch nur eine kriminelle Tat mit illegalen Waffen zu verhindern.

 3. zu § 14 Abs. 1: Gelbe WBK
Einer der Hauptkritikpunkte ist der faktische Wegfall der bisherigen sog. Gelben WBK. Die Gelbe WBK bleibt zwar für die Einzellader-Langwaffen erhalten. Deren Erwerb ist jedoch an die allgemeinen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 gebunden, dass nämlich
1. das Mitglied seit mindestens 12 Monaten den Schießsport in einem Verein regelmäßig als Sportschütze betreibt und
2. die zu erwerbende Waffe für eine Sportdisziplin nach der Sportordnung zugelassen und erforderlich ist, wobei
3. diese Voraussetzungen durch eine Bescheinigung des Verbandes glaubhaft zu machen sind.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass die in 25 Jahren bewährte Regelung der Gelben WBK aufgegeben wird, weil angeblich unter dem "Deckmantel des Sportschützentums" Waffensammlungen angelegt worden sein sollen. Der DSB und seine Verbände und Vereine haben hierzu keine Erkenntnisse. Ebenso wenig der Entwurf, denn auch die Begründung beschränkt sich auf die bloße Behauptung ohne auch nur im Ansatz Rechtstatsachen zu benennen. Der DSB hat immer darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Bereich wegen der Art der Waffen eine missbräuchliche und die innere Sicherheit gefährdende Verwendung nahezu ausgeschlossen ist, so dass selbst ein missbräuchlicher Erwerb im Einzelfall keine Bedrohung der inneren Sicherheit darstellt. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Aufbewahrungsregelungen und wird sogar von den Verbänden der Polizei so gesehen! Der hier zudem von den regelmäßig im Ehrenamt tätigen Schützen geforderte Verwaltungsaufwand wird von den Verbänden kaum zu leisten sein. Mit der mit allem Nachdruck zu fordernden Beibehaltung der bisherigen bewährten Regelung im Waffengesetz geraten nicht mehr Waffen "ins Volk" als zur Ausübung des Schießsports erforderlich sind. Im Hinblick auf die Meldepflicht austretender Vereinsmitglieder an die zuständigen Behörden haben diese es ohnehin in der Hand, einen sodann unberechtigten Waffenbesitz zu beenden.

 3. zu § 15: Anerkennung als Schießsportverband
Die Anerkennung als Schießsportverband in § 15 wurde trotz erheblicher Bedenken vom DSB bislang im Interesse der inneren Sicherheit im Grundsatz akzeptiert, obwohl mit ihr ein gravierender Einschnitt in die tradierte und rechtlich garantierte Selbstverwaltung des Sports vorgenommen wird. Wenn allerdings eine derartige staatliche Kontrolle eingeführt wird, so muss andererseits dem Schießsportverband auch das erforderliche Vertrauen entgegengebracht werden, um die schießsportlichen Belange sachgerecht erfüllen zu können. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die oben dargestellte Regelung des Bedürfnisses. Angesichts der Vielzahl der erheblichen Ein- und Beschränkungen, die den Sportschützen, den Vereinen und den Verbänden auferlegt werden, kann kaum nachvollzogen werden, dass in der Begründung regelmäßig von Privilegien die Rede ist, die den Sportschützen eingeräumt werden. Die jetzt vorliegenden Regelungen des Entwurfs stellen – insbesondere nach den Vorschlägen der Länder – allerdings in ihrer Gesamtheit diese Akzeptanz in Frage.

Vor allem muss mit Nachdruck der neuen und überraschenden Regelung in § 15 Abs. 5 widersprochen werden, wonach der Verein verpflichtet ist, der zuständigen Behörde auch die Sportschützen zu benennen, die "aus dem aktiven Schießsport ... ausscheiden". Hier wird vom Verein (vom Vorsitzenden) etwas gefordert, was nicht zu erbringen ist. Wann scheidet jemand aus dem aktiven Schießsport aus? Was heißt das: "aktiver Schießsport"? Soll nunmehr jeder Schütze ständig vor seinem Vorsitzenden Rechenschaft über seine schießsportliche Betätigung ablegen? Soll der Vorsitzende über jedes Mitglied Buch über dessen "Aktivitäten" führen? Es reicht hier insbesondere auch nicht aus, dass in den Verwaltungsvorschriften Regelungen getroffen werden können, die dies konkretisieren. Gerichte sind an Verwaltungsvorschriften nicht gebunden; werden sie im Sinne "möglichst wenig Waffen ins Volk" ausgelegt, kann man sich leicht vorstellen, was aus dem Begriff "aktiv" gemacht wird. Diese auf Wunsch der Länder eingefügte Regelung ist dem Gedankengut des Überwachungsstaates entsprungen. Sie wird vom DSB rundheraus abgelehnt - derartige Überlegungen sind nach unserer Auffassung nicht diskussionswürdig; ihnen wird mit aller Schärfe entgegengetreten.

4. zu § 4 und § 44: Vorübergehender Wegfall des Bedürfnisses - Widerruf der WBK
Um dem Problem der sog. "Scheinschützen" oder "Waffenbeschaffer" zu begegnen sieht § 4 Abs. 4 des Entwurfs vor, dass die Behörde nach den ersten 3 Jahren sowie nach weiteren 3 Jahren nach Erwerb der Waffen eine Kontrolle auch hinsichtlich des Bedürfnisses durchführt. Zum Beleg des weiter bestehenden Bedürfnisses ist in dieser Zeit ein Nachweis der schießsportlichen Aktivitäten zu führen (§ 15 Abs. 1 Nr. 7b). (Dass dies für den Erwerb weiterer Waffen nicht ausreicht, ist bereits oben dargelegt worden.) Nach diesem Zeitraum muss es ausreichen, dass der Sportschütze durch seine fortdauernde Mitgliedschaft in einem Verein belegt, dass er die Waffen nach wie vor für den Schießsport benötigt, mithin ein Bedürfnis gegeben ist. Dies muss auch bei einem vorübergehenden Aussetzen der schießsportlichen Betätigung gelten. Dem trägt jedoch weder die Regelung in § 4 noch die Widerrufsregelung des § 44 ausreichend Rechnung. Nach § 44 Abs. 3 kann zwar im Falle eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses von einem Widerruf abgesehen werden. Doch wird in der Entwurfsbegründung "vorübergehend" als "etwa einjähriger Auslandsaufenthalt" definiert. Damit wird – in Zusammenhang mit der oben dargestellten Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 – der Einstieg in den sog. temporären, also zeitlich beschränkten, vorübergehenden Waffenbesitz geschaffen. In der heutigen Zeit der Globalisierung und der Flexibilisierung der Arbeitswelt ist es keine Seltenheit, dass der Monteur drei Jahre auf Auslandsmontage ist, dass der Angestellte mehrere Jahre bei einer auswärtigen Filiale arbeitet oder dass schließlich Hausbau, Kinderkriegen und berufliche Erfordernisse ein längeres Aussetzen der schießsportlichen Betätigung notwendig machen. Es kann daher nicht hingenommen werden und ist für den DSB nicht tragbar, dass dann der Sportschütze seine Waffen – unter Wert – abgeben soll (obwohl er sie sicher aufbewahrt !). Der DSB schlägt daher erneut vor, eine Regelung (sei es in § 4 oder in § 44) aufzunehmen, die diesem Problem gerecht wird:
Ein Bedürfnis liegt insbesondere vor, wenn der Erlaubnisinhaber während dieser Zeit einen Jahresjagdschein gelöst hat oder Mitglied einer schießsportlichen Vereinigung ist, die einem anerkannten Schießsportverband angehört.

 5. zu § 10: WBK für den Verein
Nicht in den Entwurf aufgenommen wurde die langjährige Forderung des DSB nach Einführung einer WBK für den Verein. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichts eine waffenrechtliche Erlaubnis als personengebundene Erlaubnis nach derzeitigem Recht nur einer natürlichen Person erteilt werden. Daher ist erforderlich, in das neue Recht eine neue gesetzliche Regelung aufzunehmen, nach der die Waffenbesitzkarte dann auf einen Verein ausgestellt werden kann, wenn bei dessen verantwortlichen Personen keine Versagungsgründe vorliegen. Dies dient der Klarheit und Vereinfachung für die Vielzahl von Vereinswaffen, die bei einem Personenwechsel jedes Mal komplett umgetragen werden müssen, was entsprechenden Verwaltungsaufwand und vor allem Kosten mit sich bringt. Gerade in anderen Rechtsgebieten, z.B. im Atomrecht, im Arznei- und Betäubungsmittelrecht, im Gentechnikrecht und insbesondere im Gewerberecht, ist die Erteilung entsprechender Erlaubnisse an die juristische Person davon abhängig, dass eine verantwortliche Person bestellt wird, die sachkundig und zuverlässig ist. Dies ist für den Schützenverein in gleicher Weise anwendbar, da entweder ein Vorstandsmitglied, das regelmäßig selbst eine WBK besitzt, der Behörde als verantwortliche Person gemeldet werden kann, oder auf die Zuverlässigkeit der nach den gesetzlichen Regelungen vertretungsberechtigten Personen abgestellt wird. Eine derartige Regelung würde in der Praxis den Vereinen erheblichen Aufwand, insbesondere beim Transport der Sportwaffen im In- und Ausland ersparen, ohne Belange der Sicherheit zu beeinträchtigen. Eine vergleichbare Regelung existiert, ohne dass insoweit Probleme bekannt geworden sind, bereits in Österreich, das die Begründung des Entwurfs sonst gern für strenge Regelungen in Anspruch nimmt.
Auch insoweit schlägt der DSB in Anlehnung an vergleichbare Regelungen erneut folgenden neuen Absatz vor:
Sie kann auch einer juristischen Person erteilt werden, wenn bei der vom Vorstand benannten verantwortlichen Person (alternativ: wenn bei den nach den gesetzlichen Vorschriften zur Vertretung berufenen Personen) keine Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 dieses Gesetzes vorliegen.

Die gleiche Problematik besteht hinsichtlich des Betreibens einer Schießstätte (§ 27). Der Wortlaut des Abs. 1 letzter Satz legt nahe, dass der Betreiber eine natürliche Person sein muss. Dies ist in der Regel nicht der Fall, denn die Mehrzahl aller Schießstände wird von einem Verein, also einer juristischen Person betrieben. Die erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung ist daher von den rechtlich verantwortlichen Personen zu fordern. Dies entspricht, wie bereits oben dargestellt, im Gewerberecht durchgängig erprobten rechtlichen Regelungen; es sind keine Gründe erkennbar, dass diese Regelungen nicht auch auf Vereine und Schießstätten übertragen werden können.

 6. zu § 36: Sichere Aufbewahrung
Der DSB unterstützt ausdrücklich eine Regelung im Waffengesetz zur sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition. Die Regelung des § 36 sieht generell für Schusswaffen das Erfordernis des sog. "0-Schrankes" – nach der künftigen Euro-Norm – vor; dies gilt auch, wenn Waffen und Munition zusammen aufbewahrt werden. Ausreichend ist auch ein gleichwertiges Behältnis, als das z.B. ein sog. B-Schrank nach der bisherigen VDMA-Norm angesehen wird. Bis zu 10 Langwaffen können in einem Behältnis der Klasse A (bisherige VDMA-Norm) verwahrt werden; dies muss nicht nur für Einzellader-Langwaffen sondern auch für – die u.a. im Biathlon benötigten – Repetier-Langwaffen gelten.

 7. zu § 27 Abs. 3 und 4: Altersgrenzen
Völlig misslungen ist die Neuregelung der Altersgrenzen. Die bisherige Regelung war eigentlich unumstritten. Dem Anliegen des DSB auf Herabsetzung der Altersgrenze für das Schießen mit Luftdruckwaffen von bisher 12 auf 10 Jahre, das zwar nicht ganz den sportpolitischen Wünschen des DSB entspricht, aber nachdrücklich begrüßt wird, war in allen Entwurfsfassungen Rechnung getragen, weil – was für den DSB selbstverständlich ist – eine sachgerechte Kinder- und Jugendbetreuung gewährleistet ist. Nun sieht § 27 Abs. 3 lediglich vor, dass das Schießen mit Druckluft- und Federdruck- und CO2-Waffen Kindern ab dem 12. Lebensjahr gestattet ist, wenn der Sorgeberechtigte sein Einverständnis erklärt hat oder beim Schießen anwesend ist. In § 27 Abs. 4 findet sich dann die für den Schießsport getroffene Regelung, dass unter Obhut verantwortlicher und zur schießsportlichen Kinder- und Jugendarbeit geeigneter Aufsichtspersonen sowie bei Vorliegen des Einverständnisses des Sorgeberechtigten
1. Kindern die das 10. Lebensjahr vollendet haben und noch nicht 14 Jahre alt sind, das Schießen mit Druckluft- und Federdruck- und CO2-Waffen, und
2. Jugendlichen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben auch das Schießen mit sonstigen Waffen
gestattet werden darf. Hiernach ist also beim Training durchgängig bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nicht nur das Einverständnis des Sorgeberechtigten sondern auch die Aufsicht durch eine zur schießsportlichen Kinder- und Jugendarbeit geeigneter Person erforderlich. In keiner anderen Sportart werden derartige, das Bestimmungsrecht der Eltern für ihre Kinder einschränkende Maßnahmen getroffen.
Für diese Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage sind Gründe nicht erkennbar. Eine seit 30 Jahren bewährte Regelung wird auf eine Art und Weise verschärft, die den Vereinen und ihren ehrenamtlichen Trainern das Leben noch schwerer macht. Es ist schlechterdings für den DSB nicht hinnehmbar, auch Jugendliche kurz vor Vollendung des 18. Lebensjahres – die bereits in den Nationalkadern schießen können – nur unter Aufsicht einer zur schießsportlichen Kinder- und Jugendarbeit geeigneten Person trainieren zu lassen. Der DSB hat sich in der Vergangenheit für eine verantwortliche und gute Jugendarbeit stark gemacht und wird dies weiterhin tun. Für die vorgenommene gravierende Verschärfung der Bedingungen für das Schießen von Jugendlichen besteht überhaupt keine Veranlassung. Der DSB tritt daher dieser Regelung mit allem Nachdruck entgegen. (Angemerkt sei lediglich noch, dass nach Abs. 6 das Schießen zur Belustigung ohne diese Einschränkungen bereits ab 12 Jahren möglich ist, um den "Traditionen des Betriebs von Schießbuden" Rechnung zu tragen!)

Das Ziel des DSB, die Senkung der Altersgrenze für das Schießen mit Druckluft- und Federdruck- und CO2-Waffen auf 10 Jahre zu erreichen, um den schießsportlichen Anschluss an die europäischen Nachbarländer und die Weltspitze zu halten, wird allerdings durch den hierzu ergangenen Beschluss des Bundesrates, dem die Bundesregierung nicht entgegengetreten ist, in Frage gestellt. Dieser fordert eine Neuregelung des Abs. 4, bei der es bei der bisherigen Altersgrenze bleibt, allerdings das zusätzliche Erfordernis der besonders befähigten Aufsichtsperson auf die 14 bis 18-jährigen erstreckt wird. Der DSB kann sich für seine Forderung auf eine mäßige Herabsetzung der Altersgrenze nicht nur auf positive Ergebnissen wissenschaftlicher Studien berufen. Auch die Regelungen (soweit solche überhaupt bestehen) der anderen EU-Länder lassen derartige Vorbehalte gegenüber dem Schießen durch Jugendliche nicht erkennen. Wer im Jahre 2012 olympisches Gold in Deutschland holen will, kann nicht erst in einem Alter mit dem Schießsport anfangen, in dem in anderen Nationen bereits Meister gemacht werden.

 8. Regelung des Erbrechts
Bleibt es hiernach zunächst bei der bisherigen gesetzlichen Regelung, so findet sich in den Schlussvorschriften in Art. 17 Nr. 2 die verblüffende Regelung, dass § 20 Abs. 2 Satz 2 nach 5 Jahren außer Kraft tritt. Mit anderen Worten: Der Erbe muss nicht nur die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung nachweisen; vielmehr muss er auch seine Sachkunde und ein Bedürfnis für das Behaltendürfen der ererbten Waffen nachweisen. Obwohl ein Missbrauch vererbter Waffen nicht nachgewiesen ist, wird hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und das Erbrecht an Waffen quasi abgeschafft. Und dies obwohl die Industrie ausreichende Sicherungssysteme gegen einen unbefugten Gebrauch von Waffen anbietet, die ohnehin sicher verwahrt werden müssen. Hier sieht der DSB noch Regelungsbedarf.

Wiesbaden, 28. Dezember 2001