BMI Pressemitteilung: Waffenrecht im Vermittlungsverfahren auf gutem Weg

06. 06. 2002- Nach einer Sitzung der Arbeitsgruppe "Änderungspunkte zum Waffengesetz" des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat in Bremerhaven erklären Bundesinnenminister Otto Schily, der bayerische Staatsminister Dr. Günther Beckstein und der nordrhein-westfälische Innenminister Dr. Fritz Behrens:

"Die Arbeitsgruppe hat im konstruktiven Dialog zügig die wesentlichen Änderungsregelungen für den Vermittlungsausschuss erarbeitet. Der von der Koalitionsmehrheit mit Unterstützung der CDU/CSU-Opposition im Bundestag am 26. April 2002 beschlossene Entwurf zur Neuregelung des Waffenrechts, der bereits eine Vielzahl von Verschärfungen im Vergleich zum heute geltenden Recht vorsah, wird damit in einzelnen Punkten weiter präzisiert. Es ist erfreulich, dass es gelungen ist, sich in einer sachorientierten Debatte auf die im Interesse der Innern Sicherheit notwendigen Anpassungen zu verständigen. Differenzierte Regelungen stellen gleichzeitig sicher, dass Jägern und Sportschützen nicht unnötige oder gar schikanöse Erschwernisse auferlegt werden. Damit wird erneut klargestellt, dass die Hauptgefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von den illegalen Waffenbesitzern ausgehen und nicht von den überwiegend gesetzestreuen Jägern und Sportschützen. Dem Problem der illegalen Waffen wird mit einer großzügigen Amnestieregelung im Gesetz und mit zusätzlichen polizeilichen Bekämpfungsmaßnahmen begegnet. Die Amnestie sieht Straffreiheit für den Besitzer unerlaubter Waffen vor, wenn er sie binnen fünf Monten nach Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes unbrauchbar macht oder sie der zuständigen Behörde übergibt. "

Die Arbeitsgruppe hat sich zu den Anrufungsgründen für den Vermittlungsausschuss auf folgende Konkretisierungen geeinigt, die nun dem Vermittlungsausschuss unterbreitet werden:

  1. Anhebung der Altersgrenze für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen:
    Für Sportschützen wird grundsätzlich das Alter von 18 auf 21 Jahre angehoben. Für Kleinkaliber-Sportwaffen und für Einzellader-Flinten bis zu einem bestimmten Kaliber, die jeweils durch genehmigte Schießsportordnungen zugelassen sind, bleibt es bei der Altersgrenze von 18 Jahren. Diese Ausnahme deckt diejenigen Waffen ab, die insbesondere für olympische Disziplinen zugelassen sind.
    Für Jäger wird die Altersgrenze von 16 (dem Alter, ab dem ein Jugendlicher nach Ablegung der Jägerprüfung einen Jugendjagdschein lösen kann) auf 18 Jahre angehoben.
  2. Medizinisch-psychologische Untersuchung vor der Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen
    Grundsätzlich werden Personen, die noch nicht 25 Jahre alt sind, vor dem Erwerb der ersten erlaubnispflichtigen Schusswaffe ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über ihre geistige Eignung zum Waffenbesitz vorlegen müssen. Ausgenommen hiervon sind Jäger, da sie durch die anspruchsvolle Ausbildung und die schwierige Jagdprüfung bereits in hinreichender Weise ihre Eignung und den Willen zu einem ernsthaften und ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen, die zudem lediglich Mittel zur Jagdausübung sind, zum Ausdruck gebracht haben.
    Eine weitere Ausnahme besteht für die Kategorie von Schusswaffen, die Sportschützen bereits mit 18 Jahren erwerben dürfen, also für die - insbesondere in den olympischen Disziplinen zugelassenen - Kleinkaliberwaffen und Sportflinten (vgl. Nr. 1).
    Unabhängig von der Altersgrenze wird es künftig den Waffenbehörden zur Pflicht gemacht (und nicht lediglich in das Ermessen gestellt), ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu verlangen, wenn Tatsachen Bedenken an der persönlichen Eignung begründen.
  3. Betreuung bei der Schießausbildung minderjähriger Schützen
    Künftig wird eine für die Kinder- und Jugendarbeit qualifizierte Schießaufsicht für die Altersgruppe der Kinder von 12 bis 14 Jahre (diese dürfen grundsätzlich nur mit Druckluft- oder Federdruckwaffen schießen) sowie der Jugendlichen von 14 bis 16 Jahre, wenn diese mit "scharfen" Schusswaffen schießen, vorgesehen.
  4. Behördliche Genehmigung von Schießsportordnungen
    Die neu eingeführte behördliche Genehmigung der Schießsportordnungen soll im Interesse der öffentlichen Sicherheit die staatliche Kontrolle darüber sicherstellen, ob die Disziplin überhaupt sowie ihre konkreten Inhalte und Abläufe einschließlich der dafür vorgesehenen Waffen einen schießsportlichen Charakter aufweisen. Diese Entscheidung soll zentral durch das Bundesverwaltungsamt unter Mitwirkung eines Fachbeirats getroffen werden, in dem neben den Behörden des Bundes und der Länder auch Vertreter des Schießsports repräsentiert sind.
  5. Definition des sportlichen Schießens zur Abgrenzung des sportlichen vom kampfmäßigen Schießen
    Hier geht es um die grundsätzliche Grenzziehung, die bei der Genehmigung von Schießsportordnungen unter Mitwirkung des Fachbeirats (vgl. Nr. 4) praktisch wird. Auf diese Weise wird verhindert, dass unter dem Deckmantel des Sports Fertigkeiten antrainiert werden könnten, die mit Schießsport nichts zu tun haben.
  6. Verbot von sog. Pump-guns
    Dieses Verbot soll solche Pump-guns betreffen, die klassische "Unterwelt"-Waffen sind, also Vorderschafts-Repetierflinten zum Verschießen von Schrotmunition mit Pistolengriff. Derartige Waffen werden im kriminellen Milieu benutzt und sind neben ihrer Drohwirkung auf Grund ihrer vergleichsweise geringen Länge und ihrer verheerenden Wirkung im Nahbereich objektiv besonders gefährlich. Als Sport- oder Jagdwaffen hingegen finden derartige Pump-guns schon mangels Eignung hierfür keine Verwendung.
  7. Meldepflicht für Waffenhändler beim Überlassen von Schusswaffen
    Neben seiner Eintragungspflicht in die Waffenbesitzkarte und seiner Pflicht zur Führung eines Waffenbuches wird (zusätzlich zum Erwerber selbst, der zur Vorlage seiner Waffenbesitzkarte zwecks Bestätigung des Eintrags verpflichtet ist) künftig auch der Waffenhändler verpflichtet sein, binnen zwei Wochen den Erwerb an die Waffenbehörde zu melden.
  8. Aufsichtsmöglichkeiten der Schießsportverbände über Schießsportvereine, die ihnen angeschlossen sind
    Im Hinblick auf eine verbesserte mittelbare staatliche Aufsichts- und Einwirkungsmöglichkeit auf die - in die Tausende zählenden - Schießsportvereine soll die Verantwortung der Schießsportverbände für ihre Vereine präzisiert werden.
  9. Mindestaltersgrenze für das Schießen durch Kinder
    Das Mindestalter wird, wie im bisherigen Recht, 12 Jahre betragen; die bislang geplante generelle Absenkung auf 10 Jahre wird rückgängig gemacht. Im Einzelfall kann zur Förderung des Leistungssports eine Ausnahme von der Mindestaltersgrenze bewilligt werden.
  10. Einrichtung einer Auskunftsmöglichkeit der Waffenbehörde aus dem Erziehungsregister
    Zur Prüfung der persönlichen Eignung wird die Auskunft aus dem beim Bundeszentralregister geführten Erziehungsregister eingeführt. Dieses Register enthält Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, also Rechtsfolgen von strafrechtsrelevantem Verhalten von Personen, die unter das Jugendstrafrecht fallen, die einerseits unter der Schwelle einer Jugendstrafe zurückbleiben, andererseits ein erhebliches Fehlverhalten würdigen. Bei der Nutzung dieser Daten geht es nicht um die Kriminalisierung oder Stigmatisierung junger Straftäter, sondern darum, den Umgang mit Waffen durch Personen auszuschließen, die durch ihr Verhalten und seine gerichtliche Würdigung gezeigt haben, dass ihr charakterlicher Reifegrad einen solchen noch nicht rechtfertigt.

In folgenden Punkten hat die Prüfung dazu geführt, dass ein Regelungsbedarf nicht gesehen wird:

  1. Beschränkung des Erwerbs von Gebrauchswaffen durch Sportschützen
    Hier ist die Arbeitsgruppe zu dem Ergebnis gekommen, dass die für die Sportschützen bereits vorgesehenen Verschärfungen ausreichend sind.
  2. Konkretisierung der Vorschriften über die Verwahrung von Großkalibermunition bei Sportschützen
    Ein Verbot der Verwahrung von großkalibriger Munition zuhause mit der Folge einer konzentrierten Lagerung nur noch in den Räumen von Schießsportvereinen erfolgt nicht. Die Arbeitsgruppe ist zum Ergebnis gekommen, dass eine solche Regelung mehr Nachteile als Vorteile bringen würde. Munitionslager mit großen Mengen an Bevorratung wären lohnende Einbruchsziele. Außerdem wäre das Verbot privater Aufbewahrung leicht umgehbar, insbesondere durch Kauf im Ausland.

Folgendes weitere parlamentarische Verfahren ist vorgesehen:

Am 12. Juni 2002 wird sich der Vermittlungsausschuss mit den Ergebnissen der vorbereitenden Arbeitsgruppe befassen und seinen Vermittlungsvorschlag beschließen. Am 14. Juni 2002 wird der Bundestag über das Vermittlungsergebnis beschließen. Am 21. Juni 2002 wird der Bundesrat über seine Zustimmung entscheiden. Auf diese Weise kann die Waffenrechtsnovelle noch in dieser Legislaturperiode im Gesetzblatt verkündet werden. Sie wird im Wesentlichen ein halbes Jahr nach der Verkündung in Kraft treten; das Verbot der Pump-guns wird hingegen sofort wirksam.

Bundesministerium des Innern, 06. Juni 2002
Internet:
www.bmi.bund.de