„Es wäre schön, wenn alle mitmachen“

DSB-Präsident Josef Ambacher

DSB-Präsident Josef Ambacher

Interview mit DSB-Präsident Josef Ambacher

Deutscher Schützenbund, Wiesbaden, 02.02.02 – Der erste Monat des Jahres 2002 ist vorüber – ein Monat, der von der Sorge vieler Sportschützen geprägt war, Verschärfungen im Waffenrecht hinnehmen zu müssen. Eine Delegation des Deutschen Jagdschutz-Verbandes, des Forums Waffenrecht und des Deutschen Schützenbundes, für den Präsident Josef Ambacher und Vizepräsident Jürgen Kohlheim teilnahmen, sprachen am Mittwoch noch einmal zu diesem Thema mit Bundesinnenminister Otto Schily und einigen Innenministern der Länder.

„Herr Ambacher, welche konkreten Ergebnisse hat dieses Gespräch für die vielen Sportschützen gebracht ?“

„Mit dem Minister gab es eine Übereinstimmung in vielen Themenbereichen. Ich erwähne hier beispielsweise das Einstiegsalter von zehn Jahren, die Aufbewahrungspflicht, die Gelbe Waffenbesitzkarte, die Waffenbesitzkarte für die Vereine und vieles mehr. Der Minister setzte unserer Delegation gegenüber ein deutliches Signal, dass er zum Thema Waffenrecht nun selbst die Zügel in die Hand nehmen und unsere berechtigten Forderungen berücksichtigen wird. Er möchte die Novellierung zügig abschließen, das hat er uns klar gesagt und ich gehe davon aus, dass die zweite Lesung Ende Februar sein wird, danach folgt die Abstimmung und dann geht das Ganze noch einmal in den Bundesrat.“

„Fürchten Sie ein weiteres Debakel für die Interessen der Jäger und Schützen durch die Ländervertretung, die ja schon einmal den Entwurf der Bundesregierung erheblich verschärfte ?“

„Wir hatten bei unserer Runde in Berlin mit den Innenministern aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie dem Staatssekretär des bayerischen Innenministeriums drei Vertreter der Länder. Sie haben bei unserem Gespräch symbolisch die Meinung des Bundesrates vertreten und sie haben zu allen Positionen Zustimmung signalisiert und das nährt natürlich die Hoffnung, dass wir auch in der Ländervertretung eine sachliche und faire Behandlung des Themas Waffenrecht erwarten dürfen. Selbst Innenminister Dr. Fritz Behrens von NRW, der ja als ein Verfechter der Verschärfung des Waffenrechtes ist, trägt unsere Positionen voll mit, das habe ich mir in einem persönlichen Gespräch noch einmal versichern lassen.
Unabhängig davon sollten unsere Mitglieder aber den Bundestagsabgeordneten ihres Wahlkreises fragen, welche Position er zum Thema Waffenrecht einnimmt. Vor dem Gespräch mit Minister Schily haben wir auch die PDS über unsere Argumente informiert. Es war ein sehr sachliches Gespräch, das Interesse seitens dieser Partei, die ja in einigen der neuen Bundesländern mit in der Regierungsverantwortung steht, war groß und ich denke, dass wir auch dort Verständnis und Zustimmung für unsere Positionen gefunden haben. Unsere Aufgabe ist es, mit allen politischen Richtungen zu diesem für uns wichtigen Thema zu reden und aufzuklären.“

„Neben den aktuellen Entwicklungen im Waffenrecht steht der Sport natürlich im Mittelpunkt und hier vor allem die Weltmeisterschaften im Juli in Lahti. Was erwarten Sie sich als Präsident vom kommenden Sportjahr ?“

„Ich erwarte was den Leistungssport angeht, ein sehr gutes Abschneiden unseres Teams bei der WM in Lahti. Dort wird sich zeigen, wo wir wirklich stehen zwei Jahre nach den Spielen von Sydney und zwei Jahre vor den Spielen in Athen. Im Anschluss daran werden möglicherweise neue Weichen gestellt. Natürlich werden sich unsere Sportler anstrengen, Höchstleistungen zu erzielen, aber auch das Umfeld muss stimmen, damit diese Leistungen möglich werden. Ich erwarte hier von den Bundestrainern als Hauptverantwortliche, aber auch von den Landes- und Vereinstrainern, dass sie gemeinsam ihre Kräfte mobilisieren, um gute Ergebnisse zu bringen.“

„Das neue Leistungssportkonzept, das im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, wird dabei sicherlich schon eine wichtige Rolle spielen ?“

„Sicher, denn wir müssen uns zu Neuem auch bekennen. Das neue Leistungssportkonzept wird seine Früchte tragen, ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, denn wir müssen uns den modernen Entwicklungen anpassen. Wenn wir nur auf der Stelle treten und alles beim alten lassen, werden wir uns in der Zukunft sehr hart tun. Dann werden wir Schwierigkeiten haben, neue Mitglieder zu gewinnen und auch die Leistungsschützen, die wir haben, zu motivieren, sich für Spitzenresultate zu quälen. Letztendlich muss dies aber auch auf den Breitensport ausstrahlen, denn hier beginnt ja die sportliche Laufbahn eines jeden Schützen.“

„Apropos Breitensport: Wie will denn der Deutsche Schützenbund zukünftige Mitglieder gewinnen ?“

„In dem wir zeitgemäße, moderne Angebote machen. Ich nenne hier nur neben unseren traditionellen Sportarten auch Bogenbiathlon, Run- Archery oder den Sommerbiathlon. Es müssen aber auch im internationalen Bereich Wege aufgezeigt werden. Wir, als weltgrößter nationaler Verband im Sportschießen, müssen hier noch weitaus mehr tun, denn diese Sportarten sind einfach transparenter für Zuschauer und Medien, als die traditionellen Disziplinen und da bin ich auch ganz zuversichtlich, dass wir das schaffen. Sicherlich geht das nicht von heute auf morgen, aber es ist ein Prozess, den wir begonnen haben, um mittelfristig besser in den Medien vertreten zu sein und auf diesem Wege mehr neue Mitglieder auch in unsere Schützenhäuser zu bekommen.“

„Das heißt, über die neuen Sportarten werden interessierte Mitglieder vielleicht auch zu den traditionellen Disziplinen kommen und sie dienen damit auch als Zubringer ?“

„Zweifelsohne, denn wenn jemand zum Beispiel aus Altersgründen nicht mehr so schnell läuft oder Ski fährt – schießen verlernt er nicht und er wird sich dann die Disziplinen aussuchen, wo er oder sie noch Spaß hat und auch leistungsmäßig mithalten kann und das bis ins hohe Alter.“

„Viele Sportarten haben sich ja in den letzten Jahren verändert, um mehr öffentliches Interesse zu wecken. Beispiele dafür sind selbst so populäre Disziplinen wie Tischtennis und Volleyball. Als Mitglied des Exekutivkomitees des Internationalen Schießsport Verbandes (ISSF) sind Sie natürlich an entscheidender Stelle und können Anstöße und Anregungen geben ?“

„Dies ist auch mein erklärtes Ziel, daher werde ich versuchen, im internationalen Bereich bei der ISSF einen stärkeren Einfluss zu erreichen. Ob mir dies gelingt, muss man abwarten, auf jeden Fall werde ich mich bemühen, davon können Sie ausgehen. Man macht sich ja nicht immer Freunde, wenn man dringende Reformen anmahnt. Meine kritische Rede bei der Vollversammlung der Europäischen Schützenkonföderation vergangenes Jahr in Zagreb hat dies bewiesen, denn daran kauen einige noch heute. Wir können als mitgliederstärkster Verband nicht einfach nur zuschauen und im Hintergrund lächeln, wenn etwas nicht passiert, sondern wir müssen selbst angreifen, uns trauen, auch Neues zu testen und auszuprobieren und ich glaube, wir sind eigentlich auf einem guten Weg dorthin.“

„IOC-Präsident Jacques Rogge hat erst in den letzten Tagen den Gigantismus der Olympischen Spiele beklagt und auch seine Bereitschaft bekräftigt, die Spiele zu reformieren. Wie sehen Sie in ihrer Funktion als Schatzmeister des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland diese Entwicklung und begrüßen Sie als „Herr des Geldes“ eine Reduzierung von Wettbewerben und Teilnehmer ?“

„Das ist eine schwierige Frage, die man im Augenblick noch nicht konkret beantworten kann. So lange das Bundesministerium des Innern die Entsendung der Olympiamannschaft finanziert, haben wir keine Probleme. Sollte sich das jedoch aus irgendeinem Grund einmal ändern, werden wir möglicherweise in die Situation kommen, dass wir, zumindest was die deutsche Mannschaft angeht, nicht mehr alle Wünsche seitens der Verbände erfüllen können. Hinterfragt werden muss dann zum Beispiel, ob ein Verband in einer Sportart, wo der Beste seine Finalchance hat und unter die ersten Acht kommen kann, dann den zweiten Teilnehmer, den er unbedingt mitnehmen will, nicht selbst finanziert - da wird sich später auch Spreu und Weizen trennen. Für manche Spezialsportart wird dies vielleicht in Zukunft noch hart werden.
Machen wir uns nichts vor, die Medien bestimmen, was in welchem Umfang wann von Olympia gesendet wird. Sie werden letztendlich bestimmen, was olympisch bleibt und was nicht. Sportarten, die die höchsten Einschaltquoten bringen, werden von Fernsehanstalten rund um den Globus gesendet, für die anderen tut mir das schon leid. So ist aber die augenblickliche Situation, ob mir das gefällt oder nicht. Daran wird ein IOC-Präsident nicht vorbei gehen können, die Nationalen Olympischen Komitees mit ihren Spitzenverbänden werden darüber nachdenken müssen und es wird auch die Ehrlichkeit darüber von jedem Einzelnen gefordert werden. Dazu kommt das Thema Sponsoring, denn nur da, wo hohe Einschaltquoten sind und die Werbung im Fernsehen deutlich sichtbar ist, fließt seitens der Industrie noch Geld. Viele andere Engagements sind nicht zuletzt auch auf Grund der anhaltend negativen wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen eingestellt worden.“

„Letzte Frage zum Abschluss: Was wünscht sich der Präsident des viertgrößten deutschen Verbandes ganz persönlich für das Jahr 2002 ? Welchen Kernsatz würden Sie gerne am 31. Dezember 2002 sagen wollen ?“

„Ich möchte nichts mehr mit dem Waffenrecht zu tun haben, weil es verabschiedet und die Novellierung beschlossen ist, weil alle zumindest weitestgehend mit den Ergebnissen zufrieden sind. Ich möchte mich darüber freuen, dass wir in Lahti bei der WM hervorragende sportliche Erfolge erzielt haben, weil unsere Sportler natürlich auch ein Aushängeschild sind für den Nachwuchs und dann beginnt ja auch schon die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Athen 2004, wo hoffentlich alle Sportstätten rechtzeitig fertig werden, um gelungene Spiele zu garantieren.
Zum Abschluss wünsche ich mir ein gutes Miteinander, wobei es nicht immer ganz ohne Zwistigkeiten ablaufen wird, aber wir müssen auch das Eine oder Andere laut und deutlich ansprechen und dürfen uns nicht immer nur verstecken und Harmonie suchen. Dies kann nicht sein, schon gar nicht beim viertgrößten deutschen Sportverband mit 1,6 Millionen Mitglieder. Freuen würde ich mich, wenn die Anzahl der Mitglieder steigen würde, dass die Begeisterung für das Sportschießen weiterhin bestehen bleibt und die Vereine und Schützen auch unsere Arbeit anerkennen und selbst mitmachen. Und dieses Mitmachen ist vielleicht einer der größten Wünsche, die ich habe. Mitmachen in die „Stiftung Deutscher Schützenbund“ hinein, mitmachen als Zuschauer bei großen sportlichen Veranstaltungen, damit wir auch da der breiten Öffentlichkeit und uns selber auch beweisen, wir sind keine Schläfer, wir sind willens, Aktivität auch nach außen hin zu zeigen.“